Der klassisch ausgebildete Kontrabassist und Komponist hat zusammen mit vier gleichgesinnten Kollegen ein aufwendiges Hörwerk realisiert. Der Auslöser für die Idee, mit grossem Aufwand eine "elektro-akustische Kammermusik" zu konzipieren, zu konkretisieren, auszuarbeiten, zu strukturieren, dafür die entsprechenden Musiker gemäss ihren individuellen Klangvorstellungen auszuwählen, für sie Spiel- und Improvisationsanweisungen zu notieren, Zeitdauern sowie statische Materialvorgaben für bestimmte Abläufe und Modulationen festzulegen, war ein von der Pro Helvetia 2001 erhaltener Kompositionsauftrag. Dass 2003 noch eine kulturelle Auszeichnung in Form eines Werkjahres der Stadt Zürich dazu kam, gab dem 1972 in Zürich geborenen, auf ein klassisches Studium an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz und am Bruckner-Konservatorium in Linz zurückblickenden Kontrabassisten Christian Weber vermutlich zusätzlich Bewegungsspielraum, intensiv am projektierten Werk weiterzuarbeiten und daran zu gehen, mit den ausgewählten Spielern erste Diskussionen und Werkbesprechungen anzusetzen, Vorgaben zu besprechen und nötigenfalls abzuändern, eine gemeinsame Sprache zu formulieren, um schliesslich erste Proben und Prozesse anzugehen. Bei der weiteren Ausarbeitung kam die Lust von Martin Siewert und Hans Koch dazu, ihre Vorstellungen vom Verschmelzen der Klänge ihrer Instrumente mit Elektronik einzubringen. Das
schliesslich aufgenommene, vielschichtige Material mit improvisierten Stücken wie Fragmenten komponierter Komplexe bedeutete für Weber aber erst einen Zwischenhalt, denn nun begann für ihn die aufwendige Arbeit, die Materialien "nach Rhythmus, Harmonie, Melodie und Gestus zu zerlegen", sie "in völlig neue dramaturgische Strukturen einzubauen", um so "eine grösstmögliche klangliche und strukturelle Transparenz zu erreichen". Anfangs, betont Weber ergänzend, habe er die Idee gehabt, "möglichst weit weg zu kommen von einer 'Jazzproduktion' (funktionelle Auflösung der Rhythmusgruppe, Klangästhetik Neuer Musik, erweiterte Dramaturgie, linearen Erzählcharakter brechen usw.)". Mit der Zeit und beim Editing entwickelte sich die Musik "jedoch wieder in eine andere Richtung", stellt er fest, "haben sich wieder neue, zum Teil dem Jazz bzw. der Populärmusik verwandte Strukturen etabliert". Interessant ist, dass der Hörer von all diesen komplizierten Prozessen nichts spürt, vielmehr der Eindruck eines organischen, wie auch disperaten Fliessens über Ebenen, aber auch zerklüftete Abgründe entsteht, sodass der Begriff Hörabenteuer sich hier geradezu aufdrängt. Anzumerken bleibt, dass soeben ein weiterer Mitspieler eine der Kulturellen Auszeichnungen der Stadt Zürich erhalten hat: der Schlagzeuger Christian Wolfarth.


Johannes Anders
Jazz 'N' More
Jazz 'N' More
January 2007